Lebensmittelverpackung der Zukunft
An der SVI-Jahrestagung, die am 27. April in Zürich stattfand, informierten sich rund 80 Teilnehmer über Auswirkungen der nachhaltigen Verpackung in der Europäischen Union und der Schweiz. Bei der Frage nach den Lebensmittelverpackungen der Zukunft stehen im Zentrum die Notwendigkeit, die Verpackungen nachhaltiger zu machen. Dabei müssen die regulatorischen Anforderungen in der EU und der Schweiz beachtet werden. Neben diesen Entwicklungen wurde an der Tagung auch das Potenzial der Verpackung als Marketinginstrument der Zukunft beleuchtet.
Noch viel Arbeit mit der Umsetzung der Sustainability Projekte
Die gesamte Branche arbeitet ständig an der Zukunft der Verpackung. In allen Segmenten werden die Lösungen laufend optimiert. Was auf Ebene der EU-Regulatorien derzeit geschieht und wohin die Reise gehen soll, stellte Hazel O’Keeffe von Partner Keller and Heckman LLP in einer Live-Zuschaltung aus Brüssel vor. Ihr Fazit lautete, dass trotz aller Aktivitäten die vollständige Umsetzung der Sustainable-Packaging-Richtlinie der EU noch viel Zeit beanspruchen wird. Die Entwicklung neuer Recyclingprozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette wird ein langwieriger Prozess werden. Fünf Schweizer Unternehmen berichteten, was die EU-Kunststoffverordnung für sie verändert hat, welche Chancen und Herausforderungen entstanden sind und welche Rolle Nachhaltigkeit für ihr Unternehmen spielt. Charlotta Jung, Managerin Regulatory Affairs bei der Wipf AG erläuterte, wie das Design von flexiblen Verpackungen den aktuellen regulatorischen Guidelines angepasst wird, welche Materialien und Materialkombinationen zum Einsatz kommen, um die Recyclingfähigkeit von Folien und flexibler Verbunde zu gewährleisten. Wie das «Closing the loop» möglich wird, legte Patrick Semadeni, CEO der Semadeni Plastics Group, dar. Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil kreislauffähiger Kunststoffverpackungen von derzeit 14 Prozent auf mindestens 30 Prozent gesteigert werden. Wie gelingt nun die Reduktion und was ist erreichbar? Glas ist eine gesunde Verpackung auf dem Weg zur CO2-Neutralität, sagte Christoph Burgermeister von der Vetropack AG. Die europäische Glasindustrie hat in den letzten 25 Jahren ihre CO2-Emmissionen um 75 Prozent reduziert. Doch für die Alternative, elektrische Energie oder Wasserstoff, zur Wärmeerzeugung für die Glasschmelzwanne und die Produktionslinie fehlt die Infrastruktur. Dass die aseptische Kartonverpackung von Natur aus nachhaltig ist, ändert für Holger Schmidt von der SIG International Services GmbH nichts daran, dass es auch bei diesem Packmittel noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Dazu zählt die Beschaffung nachhaltiger Rohstoffe, die Weiterentwicklung von Barriereschichten ohne Aluminium und der Einsatz papierbasierter Trinkhalme. Nestlés Strategie für eine abfallfreie Zukunft stellte Susanne Sinclair, Sustainability Project Manager bei Nestlé Schweiz, vor. Nestlé verfolgt das Ziel, dass alle Verpackungen bis 2025 recycelbar oder wiederverwendbar sein sollen. Dazu setzt Nestlé auf die Fünf-Säulen-Strategie für Verpackungsnachhaltigkeit mit der langfristigen Vision, dass keine Verpackungen auf der Mülldeponie oder im Abfall landen. Babette Sigg, Präsidentin Konsumentenforum kf, repräsentierte die Stimme der Konsumenten und der Politik. Kaum überraschend, wies sie auf den Umstand hin, dass die breite Öffentlichkeit keine Ahnung von den umfassenden Aufgaben der Verpackungen hat. Konsumenten beurteilen Verpackungen subjektiv und schauen nur nach einzelnen Aspekten, nie aber ganzheitlich.
Wirkungen des Marketings auf die Verpackung der Zukunft
Nach der Mittagspause standen die Wirkungen des Marketings auf die Verpackung der Zukunft im Fokus. Um erfolgreiches Marketing zu betreiben, ist Wissen darüber sinnvoll, wie Verpackungen im menschlichen Gehirn wirken. Dazu erläuterte der Vordenker des Neuromarketings Dr. Hans-Georg Häusel die Grundlagen der Marketing-, Verkaufs- und Management-Hirnforschung. Die Ergebnisse einer Onlinehändlerbefragung unter Gesichtspunkten des Marketings am Point of (Online) Sale präsentierte Valerio Stallone von der ZHAW. Nicht zuletzt durch den Corona-Boost erzielt der Schweizer Onlinehandel mittlerweile fast 15 Mrd. Franken Umsatz pro Jahr. Die Kraft der Verpackung in einer digitalisierten Welt führt über Empathie und Multisinnlichkeit, wie Ruediger Goetz, Managing Director der Peter Schmidt Group darlegte. Eine Verpackung erzeugt Emotionen und transportiert Werte – nicht nur das Füllgut. Den Blick aufs Verpackungs-Ganze richtete Dr. Manfred Tacker vom OFI in Wien. Für eine Nachhaltigkeitsbewertung sind Daten notwendig. Derzeit bestehen noch erhebliche Lücken in der Datenverfügbarkeit aus der gesamten Supply Chain. Es gibt eine Vielzahl von Gestaltungsrichtlinien und Bewertungsmethoden sowie viele Definitionen von Recyclingfähigkeit. Auch die Materialströme unterscheiden sich von Land zu Land. Die abschliessende Podiumsdiskussion moderierte Dr. Karola Krell-Zbinden. Offen blieb, wie das ideale Design für die Verpackung der Zukunft aussieht. Eine wirklich nachhaltige Verpackung spricht die grosse Masse der Konsumenten nicht an, da wir gemäss der Forschung von Dr. Hans-Georg Häusel nicht vernunft-, sondern emotional-gesteuert sind. Die Verpackung ist für uns Menschen mehr als nur ein Transportgefäss, das den Inhalt optimal schützt und nach Gebrauch unbedenklich entsorgt werden kann. Die Verpackung weckt Emotionen aller Art, was ein wirklich nachhaltiges Packmittel aber nur noch sehr begrenzt erreichen kann. Die Abbildung zeigt v.l.n.r. die Podiumsdiskussion mit Dr. Karola Krell-Zbinden sowie den Referenten Dr. Manfred Tacker (OFI), Holger Schmidt (SIG) und Babette Sigg (kf).