Neue Chancen für die Robotik
Die Nachhaltigkeitsbestrebungen generieren völlig neue Märkte, schaffen attraktive Geschäftsmodelle und bieten der Robotik und Automation als Schlüsseltechnologie grosse Chancen. Intelligente Automation kann u.a. dazu beitragen, die angestrebten Klimaziele zu erreichen, indem sie die Energieeffizienz der Produktion verbessert oder auch durch die Reduktion von Ausschuss für ressourcenschonende Fertigungsprozesse sorgt. Darüber hinaus liefert die Montage- und Handhabungstechnik neue Ansätze für Recycling und Kreislaufwirtschaft. Damit hilft sie auch dabei, nachhaltige Produkte wirtschaftlicher herzustellen. Möglichkeiten der nachhaltigen Produktion zeigt die automatica von 27. bis 30. Juni 2023 in München. Zu den Leitthemen der Messe zählen neben nachhaltiger Produktion auch die Digitale Integration und Künstliche Intelligenz (KI), welche u.a. auch Augmented/Virtual Reality thematisieren.
Die Herstellung vieler Produktgruppen ist heute ohne Einsatz von Robotern schlicht unmöglich. Einsatzbereiche wie Automobilindustrie, Food- und Pharma, Photovoltaik, Elektronik, Medizintechnik, Brennstoffzellen-Herstellung usw. lassen sich künftig ohne den Einsatz von Robotern kaum mehr darstellen. Das breite Feld der Mensch-Roboter-Kollaboration gewinnt in jüngster Zeit an Fahrt. Mit den vielen spezifischen Einsatzmöglichkeiten wachsen natürlich auch die Eintrittsvoraussetzungen an Roboter. Knickarmroboter, Scaras und Deltakinematiken, zumeist für Einsätze unter «Normalbedingungen» konzipiert, müssen sich nun im Reinraum, in steriler Umgebung, unter Wasser oder aber in supertrockenem Produktionsumfeld bewähren. Die automatica wird zeigen, wie die Roboterhersteller ihre Maschinen für diese Spezialeinsätze teils unter Integration von künstlicher Intelligenz qualifizieren.
Nach der Pandemie ungebremst weiter
Die Messe spiegelt die rasante Entwicklung beim Einsatz von Robotik und Automation wider. Trotz massiver Produktionseinschränkungen und gestörter Lieferketten durch die Pandemie stieg die Zahl der Roboterinstallationen im Jahr 2021 um weltweit 31 Prozent. Damit klettert die Zahl der weltweit neu installierten Industrieroboter 2021 laut IFR (International Federation of Robotics) auf ein Allzeithoch von 517’385 Einheiten. Die Gesamtzahl der in den Fabriken weltweit installierten Industrieroboter erreicht mit rund 3,5 Mio. Einheiten ebenfalls einen neuen Höchststand. Wissenswert: Jeder zweite Roboter, der 2021 weltweit installiert wurde, kommt in China zum Einsatz.
Effizienzsprünge mit KI
Am Anfang steht die Technologie, die Bildverarbeitung mit KI kombiniert. Hier können lernende Prüfeinrichtungen selbsttätig fehlerhafte Teile erkennen. Spannend wird auch die Entwicklung bei Augmented-Reality Systemen sein, bei denen Kamerabilder z.B. mit Betriebs- oder Reparaturanleitung überblendet werden können. Anwender, die für ihre Produktionsoptimierungen auf KI setzen, können Effizienzsprünge erwarten. Bereits die ersten Schritte in Richtung KI haben grosse Auswirkungen auf Produktionsprozesse. So kann intelligente Software durch die Verarbeitung und Auswertung von Big Data Muster erkennen. Dadurch sind zum Beispiel Prognosen und Reaktionen in Echtzeit möglich.
Neugeschäft durch «Green-Technologies»
«Green-Technologies» wie Photovoltaik, Windenergie, Brennstoffzelle und E-Mobilität gelten als wirtschaftliche Treiber der Automatisierungstechnik. Der gesellschaftliche Umbau in Richtung Nachhaltigkeitsdenken und Klimaneutralität sorgt für Neugeschäft, eben weil Robotik und Automation hierbei als Schlüsseltechnologien fungieren. Das schlägt sich bereits in einer erhöhten Nachfrage bei den Automations- und Robotikanbietern nieder, wie Volker Spanier, Leiter Industrierobotik bei Epson, bemerkt: «In jüngster Zeit mehren sich die Anfragen aus den Bereichen Batterie- und Brennstoffzellenfertigung. Hier wird es bald um ähnlich hohe Stückzahlen wie in der Photovoltaikindustrie gehen. Entscheidend für Europa wird sein, wo sich dieses Geschäft künftig abspielt. Noch kommen nahezu alle Ausrüster der Gigafactories aus Asien. Vielleicht liefert die automatica hier vielversprechende Ansätze, insbesondere für die erst jetzt aufkommende Brennstoffzellenfertigung.»
Zukunftsmarkt Recycling
Mit dem Zusammenspiel aus günstiger Hardware und digitale Innovation ist die Zukunft der Automatisierung greifbar nahe. igus beschleunigt das Tempo bei der Rohkost Automation und macht den Einstieg einfacher als je zuvor. Ein weiterer Zukunftsmarkt für die Robotik und Automation ist auch das Elektro- und Batterierecycling. Hier ist beispielsweise Kuka mit einem Projekt in Irland aktiv, bei dem Elektroschrott – ohne Gefährdung von Personal durch Gase und scharfkantige Teile – getrennt und als Wertstoff für das «second life» in der Kreislaufwirtschaft aufbereitet wird. Zukunftsträchtig wird das Aufgabenfeld des Batterierecyclings bei Elektrofahrzeugen sein. Deren Anzahl wächst und da stellt sich die Frage: Was wird mit den Batterien nach deren Lebenszyklus geschehen? Dr. Joachim Döhner, Vorstandsvorsitzender der VDMA-Fachabteilung Batterieproduktion und Senior Director Global Sales Battery bei Kuka: «Die erforderliche Automatisierung der Batteriedemontage und die Rückgewinnung von Wertstoffen wird neues Know-how und am Ende auch neue Geschäftsfelder für die Robotik hervorbringen.»
Nachhaltigkeit wird zur Pflicht
Über die Trends klimaneutrale Produktion und neue Aufgabenfelder für Robotik und Automation dürfte auf der automatica intensiv diskutiert werden. Befeuert wird das Thema «Nachhaltige Automation» auch durch die neue EU-Richtlinie CSRD, die EU-weit ab 2024 gilt. CSRD steht für Corporate Sustainability Reporting Directive und verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Grösse zur Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts und damit auch zur Bewertung der Nachhaltigkeit ihrer Produktion.